Prof. Dr. Wolfgang Haße zum 90. Geburtstag am 21.11. 2016

Freude und Ehre ist es mir, dem derzeit ältesten Berliner Kinderchirurgen, Professor Dr. W. Haße, zu seinem 90sten Geburtstag zu gratulieren. Ein Zusammentreffen mit ihm ist eine Begegnung mit der Geschichte unseres Faches. Er kennt die Entwicklung der DGKCH seit 1960 und nahm am 3. April 1964 an der Wahl von Prof. F. Rehbein (1911-1991) zum ersten Präsidenten der DGKCH (damals noch Vorsitzender genannt) teil. Lebhaft erinnert er sich an den Wahlablauf im Hörsaal des Dr. v. Hauner'schen Kinderspitals in München.

W. Haße bereicherte die Kinderchirurgie mit über 100 wissenschaftlichen Publikationen, zahlreichen Lehrbuchbeiträgen, veranstaltete zwei internationale wissenschaftliche Symposien („Verbrennungen im Kindesalter" und „Funktionsgerechte Chirurgie der Ösophagusatresie") und schrieb den historischen Beitrag: „Entwicklung der Kinderchirurgie in Westberlin 1945 – 1991". Er nahm die Probleme seines Faches zu ernst, als dass er sich mit Selbstgenügsamkeiten hätte abfinden wollen. Dazu gehört auch, dass er sich in streitbarer Bildhaftigkeit um den Erhalt der deutschen Sprache in der Medizin eingesetzt hat.

W. Haße und ich sind Berliner und wir wussten bereits zur Gründerzeit unserer Gesellschaft von der kinderchirurgischen Existenz des anderen: er in West-Berlin an der Freien Universität, ich in Ostberlin im Städtischen Klinikum Berlin-Buch. Obwohl wir in einer Stadt lebten, entsprachen unsere Vorstellungen von Kommunikation und Zusammenarbeit nicht den zeitgenössischen historisch - politischen Rahmenbedingungen Ostberlins.

So kam es, dass wir uns außerhalb Berlins, anlässlich des Symposiums der AG Kinderchirurgie der DDR in Reinhardsbrunn/Thüringen 1967 zum ersten Mal persönlich begegneten, und keiner wusste, ob sich solche Treffen wiederholen würden. Das Gefühl des Zusammengehörens aber war gefestigt. Prof. Haße hat die beruflichen Kontakte zur Bucher Kinderchirurgischen Klinik und deren Kolleginnen und Kollegen bewahrt und – soweit möglich – mit deren Chefin, Frau Dr. Ilse Krause (1917-1984), aufgebaut. Es kam zur gegenseitigen Wertschätzung, erwachsen aus gleichen Idealen.

In den Jahren des Aufbaus der Kinderchirurgie in Deutschland, hielt sich W. Haße zu Studienzwecken in den kinderchirurgischen Zentren von Philadelphia, Boston, London auf. Später wurde er nach Tokyo, Sendai, Fukuoka, nach Krakòw, Wrocław, Danzig und im Rahmen eines Partnerschaftsvertrags mit der Kinderchirurgischen Universitätsklinik Alexandria zu Gastvorlesungen eingeladen. Mit Beginn seines Ruhestandes am 30.11.1991 knüpfte er intensive Kontakte zu Kliniken in den Baltischen Staaten. Für seinen Einsatz dort, wurde er zum Ehrenmitglied der Estnischen Gesellschaft für Kinderchirurgie und zum Ehrenmitglied der Universität Tartu (Dorpat) ernannt. Diese Würdigung ist eine sehr große, denn Prof. Haße „ist der erste und bisher einzige deutsche Kinderchirurg und nach Ernst v. Bergmann der zweite deutsche Chirurg, dem diese Ehrung zuteil wurde." Außerdem erhielt er aus der Hand des Präsidenten der Republik Estland das Eiserne Rote Kreuz am Bande III. Klasse. Für die Pflege der deutsch-baltischen Beziehungen im Gesundheitswesen wurde ihm vom Bundespräsidenten Deutschlands das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Das kranke Kind der Verantwortung des kinderbetreuenden Arztes und Wissenschaftlers zu unterstellen, diesem Ideal sein Berufsleben zu widmen, war schlüssige Konsequenz des engagierten, international bekannten Kinderchirurgen Prof. Dr. Wolfgang Haße.

Geistig rege, körperlich mobil, so trifft man ihn. Es möge so weitergehen. Herzliche Glückwünsche!

Kurt Gdanietz