Von der vorgeburtlichen Diagnose zur OP Fehlbildungen der Bauchwand erfordern fachübergreifende Planung

Berlin – Eins von 2000 Kindern kommt laut internationalen Studien mit einem Defekt in der Bauchwand zur Welt. Vor etwa 30 Jahren galt dies für einen Teil der Neugeborenen noch als Todesurteil. Doch dank moderner Behandlungsverfahren und Operationstechniken und insbesondere einer optimalen fachübergreifenden Zusammenarbeit können Kinderchirurgen solche Fehlbildungen heute in fast allen Fällen beheben. Auf der Pressekonferenz anlässlich der 52. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) erklären Experten, wie sie Bauchwanddefekte bestmöglich behandeln.

Ein Loch in der Bauchwand, die sogenannte Gastroschisis, oder ein großer Bauchwanddefekt, von Ärzten Omphalozele genannt, sind keine seltenen Fehlbildungen. Entwicklungsfehler während der Schwangerschaft führen dazu, dass Organe wie Darm, Leber oder Milz außerhalb der Bauchhöhle wachsen. Bereits auf dem Ultraschallbild während der Schwangerenvorsorge zeigt sich, ob dem Ungeborenen Teile der Bauchwand fehlen, oder unvollständig angelegt sind. Auf diese Weise lässt sich eine Operation früh planen. Dabei müssen sich Kinderchirurgen sehr genau mit den anderen beteiligten Ärzten abstimmen, sagt Professor Dr. med. Thomas Boemers: „Bei komplexen Fehlbildungen wie Bauchwanddefekten ist nach der Geburt oftmals Eile geboten und eine optimale Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen“, so der Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie im Kinderkrankenhaus Köln Amsterdamer Straße.

Vor allem bei einer Gastroschisis dürfen Kinderchirurgen keine Zeit verlieren: Denn der Darm ragt durch die Spalte in der Bauchwand nach außen. Schon der Kontakt mit dem Fruchtwasser im Bauch der Mutter ist gefährlich, da der Darm sich entzünden kann. Nach der Geburt ist er Trockenheit und schädlichen Keimen ausgesetzt. Das Neugeborene muss dann umgehend in den OP, meint Boemers: „Ist der Darm nur leicht entzündet, schieben wir ihn sofort in die Bauchhöhle zurück und verschließen diese“, so der Experte im Vorfeld der Herbsttagung der DGKCH. Doch das gelingt nur in Einzelfällen. „Bei einer starken Entzündung wäre eine Operation zu riskant. Dann müssen wir den Darm zunächst in ein steriles Plastiksäckchen verlagern und dieses in die Bauchwand einnähen, bis die Entzündung abgeklungen ist.“

Bei einem Bauchwandbruch drängen Organe aus dem Bauchraum in ein sehr dünnes Häutchen, das sich aus Nabelschnurgewebe gebildet hat. Anders als bei der Gastroschisis liegen sie aber nicht frei. Je größer dieser „Sack“, desto schwieriger die Behandlung. „bei kleinen Omphalozelen können wir die Organe leicht in der Bauchhöhle platzieren“, erläutert Boemers. „Bei großen kann es sinnvoll sein, zunächst einige Wochen zu warten, bis der ‚Sack‘ sich stabilisiert hat. Die Operation erfordert herausragendes chirurgisches Können.“ Denn oft ist die Bauchhöhle der betroffenen Kinder zu klein, um alle Organe aufzunehmen. Außerdem leidet jedes zweite an einer weiteren Fehlbildung – zum Beispiel einem Herzfehler. „Auch aus diesem Grund sollte die Behandlung dieser kleinen Patienten nur von Experten an spezialisierten Perinatalzentren vorgenommen werden“, sagt Boemers. Nur gemeinsam könnten Pränatalmediziner, Geburtshelfer, Neonatologen und Kinderchirurgen das Neugeborene bestmöglich versorgen. Auf der 52. Herbsttagung der DGKCH in Leipzig diskutieren Kinderchirurgen neue Methoden der Operation von Bauchwanddefekten bei Neugeborenen.

Elizabeth A. Fountaine, MD, Kristin M. Knight, MD, FACOGb, Ultrasound for Abdominal Wall Defects, Ultrasound Clin 8 (2013) 55–6


Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie

Gegründet im Jahr 1963, schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken, Abteilungen und als Niedergelassene. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.

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